Weltbürgerliche Texte

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Initiative-Dialog.de
, msr 16.11.2017


Zur Vielfältigkeit jeglicher Identität plus Weltbürgerlichkeit  (Redaktion)  

von Matthias Sascha Aucello am 15.11.2017

Ich denke schon, dass man sich einem bestimmten Staat angehörig fühlen kann. Einfach, weil man in besagtem Staat lebt und aktiv in der Zivilgesellschaft mitwirkt. Bin ich politisch aktiv oder nehme am politischen Diskurs teil, so will ich doch zu einem großen Teil auch schlichtweg die Verhältnisse in diesem Staat verändern. Ich akzeptiere also, dass mein Wirken großteilig auf die Staatsgrenzen beschränkt ist, dass ich also deutscher Staatsbürger und nicht etwa Amerikaner bin. 

Sicher, diese Grenzen verschwimmen und das taten sie schon immer. Beispielsweise darf es bei der Bekämpfung des Klimawandels keine Staatsgrenzen geben. Da ist eine Weltgemeinschaft gefragt. Wenn wir aber über die hiesige Rente diskutieren, so ist das in erster Linie ein deutsches Problem, dass sicher auch nicht in Usbekistan oder China diskutiert wird. Einfach deshalb, weil es nur die Deutschen betrifft. Die die mitdiskutieren definieren sich deshalb schon ganz von selbst als Deutsche. 

Ich habe beispielsweise sowohl die italienische, als auch die deutsche Staatsbürgerschaft, definiere mich aber ganz klar als deutschen Staatsbürger. Einfach, weil ich in Italien zwar gerne im Urlaub bin, ansonsten aber überhaupt nicht an der italienischen Zivilgesellschaft teilnehme. 
Und ja, es gibt durchaus auch landesspezifische, kollektive Narrative. In Deutschland wäre das beispielsweise die Erinnerung an den Nationalsozialismus, sowie den Schrecken, den das deutsche Reich einst über die Welt gebracht hat - und die Shoah. Oder auch die Erinnerung an die Teilung und das Leben in der DDR. Wenngleich natürlich nicht jeder diese Narrative teilt, sind die Emotionen, die sie auslösen wohl doch am ehesten kollektiv.
In anderen Ländern wird dem Schrecken des zweiten Weltkriegs auch gedacht, aber eben nicht in der Form, wie man das hierzulande tut. Da herrscht meist - verständlicherweise - doch etwas mehr Distanz. 

Das steht auch nicht im Widerspruch zu anderen Identifikationen. Ich fühle mich zum Beispiel durchaus auch als Europäer. Allerdings nicht so stark, weil es leider keinen organisierten europäischen Staat gibt und keine großen europäischen politischen oder gesellschaftlichen Debatten geführt werden. Ich wäre dennoch bereit, meine beiden Pässe zugunsten eines Europäischen abzugeben. Ich wäre dann auch immer noch Deutscher, eben deutscher Europäer. Ich bin das schon jetzt, aber ich wäre das dann eben auch "verbrieft", so, wie ich jetzt württembergischer Deutscher bin oder ein US-Amerikaner Kalifornier und Amerikaner glrichzeitig sein kann. 

Das steht nicht im Widerspruch. Auch nicht zum Weltbürgertum. Denn irgendwie bin ich auch Weltbürger. Auch wenn die Identifikation darüber sehr viel schwieriger ist, weil die Strukturen, die schon auf europäischer Ebene mangelhaft vorhanden sind, auf internationaler Ebene fast gänzlich fehlen.


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